Die Sinus-Milieus erfassen Lebensstil-Typen, politische Einstellung, Wertesysteme, Interessen, Bedürfnisse, Alter, Bildung und Beruf. Sie beschreiben die Grundorientierung einer Person und nehmen speziell in dieser Kategorie eine grundlegende Unterteilung sozialer Gruppen vor. Dieses Milieu-Modell wird als wissenschaftlich valide und empirisch belegt betrachtet und hat sich als Standardmodell der soziografischen Zielgruppenforschung etabliert. Der Ansatz, die Gesellschaft nicht in hierarchischen Klassen oder Schichten zu kategorisieren, sondern auf einem Koordinatensystem auch eine Parallelexistenz mit differenzierten Grundhaltungen und sozialen Lagen zu erlauben, hat sich für den Deutschen und gesamten mitteleuropäischen Raum als sinnvoll erwiesen.
A23, Traditionsverwurzelte
Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- und Nachkriegsgeneration: Verwurzelt in der
kleinbürgerlichen Welt beziehungsweise in der traditionellen Arbeiterkultur.
Altersschwerpunkt ab 65 Jahren
Hauptschulabschluss und abgeschlossene Berufsausbildung
kleines bis mittleres Einkommen
hoher Anteil an Rentnern und Pensionären
traditionelle Werten wie Pflichterfüllung und Sparsamkeit
bedeutsam: Bescheidenheit, Sauberkeit, Ordnung
es herrscht Konformismus und Sicherheitsstreben
Orientierung an gängigen Konventionen
traditionelle Moralvorstellungen sind wichtig
man gibt sich zufrieden und bescheiden
passt sich den Notwendigkeiten an
hohe Bedeutung von Familie, Freunden und Bekannten
Inszenierung der heilen Welt im Wohnbereich
Interessen beziehen sich in auf das direkte Lebensumfeld
Wenig Interesse an der Nutzung neuer Medien
Nachrichtenkonsum wird als Bürgerpflcht verstanden
A12, Konservative
Das alte deutsche Bildungsbürgertum: Konservative Kulturkritik, humanistisch
geprägte P?ichtau?assung und gep?egte Umgangsformen.
Altersschwerpunkt bei 60 Jahren und älter
überdurchschnittlich viele akademische Abschlüsse
hoher Anteil an Ruheständlern
gehobenes Einkommensniveau
teilweise größere Vermögen
starkes Elitebewusstsein, teilweise konservative Züge
zurückliegende erfolgreiche, verantwortungsvolle Berufskarrieren
hohes gesellschaftliches Verantwortungsgefühl
viel Ehrenamt
immaterielle Werte stehen im Vordergrund
Interesse für Kunst, Theater, Oper, Museen, Reisen
verfolgen das Geschehen in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft
Konsum-Materialismus und Spaßgesellschaft werden abgelehnt
gegen die Amerikanisierung der Gesellschaft
langsame Öffnung gegenüber neuer Medien
AB2, DDR-Nostalgische
Die resignierten Wende-Verlierer: Festhalten an preußischen Tugenden
und altsozialistischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidarität.
meist über 50 Jahre
einfacher bis mittlerer Bildungsweg, teils Hochschulabschlüsse
häu?g Ehemalige des alten Führungskaders der DDR
kleines bis mittleres Einkommen
geringe Zufriedenheit mit der gesamtgesellschaftlichen Situation
fühlen sich von »Kolonialisierung« des Westen benachteiligt
konsum-materialistische Strömungen lösen alte Tugenden ab
oftmals eingeschränkter Sozialkontakt und geringere Kaufkraft
Interessen und Freizeitaktivitäten im Nahraum
sparsame aber kontinuierliche Grundnutzung neuer Medien
B3, Konsum-Materialisten
Die stark materialistisch geprägte Unterschicht: Anschluss halten an die Konsum-Standards
der breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteiligungen.
breite Altersstreuung bis 60 Jahre
Volks- oder Hauptschulabschluss mit oder ohne Berufsausbildung
überdurchschnittlich viele Arbeiter und Facharbeiter
eher untere Einkommensklassen
oftmals soziale Benachteiligung
Vielfach Arbeitslosigkeit, Krankheit oder unvollständige Familien
sehnen sich zeitweise nach dem Lebensstil besser gestellter Milieus
aufkeimender Pessimismus und Sorge um Benachteiligung
Sorge um Chancenlosigkeit aufgrund wirtschaftlicher Situation
Unmut über die Spaltung der Gesellschaft
Statusverlust befürchtet
Fernsehen und Videospiele prägen den spaßorientierten Lebensstil
Sensibilität gegenüber möglicher Verschuldung
in hohem Maß unterhaltungsorientiert
eher wenig Bedürfnis nach Internetnutzung
B2, Bürgerliche Mitte
Der statusorientierte moderne Mainstream: Streben nach beruflicher und
sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen.
meist zwischen 30 und 60 Jahren alt
kinderfreundlich
qualifizierte mittlere Bildungsabschlüsse
einfache bis mittlere Angestellte, Beamte oder Facharbeiter
geplagt von Abstiegsängsten
Behauptung durch Leistung, Zielstrebigkeit und Anpassung
Abgrenzung zu anderen Milieus durch Statussymbole
körperliche Betätigung in der Freizeit, Engagement im Verein
leichte Unterhaltung zur Entspannung daheim
Konsumpriorität hat ein gemütliches Zuhause
gepflegtes Outfit und Fortkommen der Kinder sind wichtig
anderweitiger Konsum wird vorsichtshalber reduziert
B1, Etablierte
Das selbstbewusste Establishment: Erfolgs-Ethik, Machbarkeitsdenken
und ausgeprägte Exklusivitätsansprüche.
überdurchschnittlich hohes Bildungsniveau
hohe bis höchste Einkommensklassen
meist vermögend
Altersschwerpunkt zwischen 40 und 60 Jahren
Mehrpersonenhaushalte
gebildete, gut situierte, sehr selbstbewusste Elite
Kennerschaft und Stil
bewusste Abgrenzung zu anderen Milieus
beruflicher Erfolg ist selbstverständlich
klare Karrierestrategien, teils erfolgsorientiert, teils flexibel
pragmatische und realitätsorientierte Lebensphilosophie
selbstbewusste Reaktion auf den technologischen Wandel
streben nach hohem Lebensstandard und Absicherung der Familie
Interesse an Kultur, individuelles Reisen, Golf und Tennis
Freizeitaktivitäten bilden Rahmen für berufliche Netzwerke
Verbesserung des eigenen Körpergefühls zur Selbstbestärkung
B12, Postmaterielle
Das aufgeklärte Nach-68er-Milieu: Liberale Grundhaltung,
postmaterielle Werte und intellektuelle Interessen.
Altersspektrum von Anfang 30 bis Generation der »Best Ager«
Abitur und Studium
hohes Einkommen und teils größeres Vermögen
häufig große Haushalte mit Kindern
ebenfalls viele Schüler und Studenten
Weltoffenheit, Toleranz, Multikulturalität und Entideologisierung
denken in globalen Zusammenhängen und Verantwortlichkeiten
Aufgeschlossenheit, Vertrauen in sich selbst
hervorragende Ausbildung ermöglicht Erfolg im Beruf
halten sich fit und gesund zur Steigerung der Leistungsfähigkeit
lassen sich nicht von genussorientierter Grundhaltung abbringen
Freude an hochwertigem Konsum, wachsendes Luxusbedürfnis
legen Wert auf Kunst, Kleidung, Wohnung, Garten
gutes Essen und Reisen als Entschädigung für beruflichen Stress
neue Medien zur Erleichterung des Arbeitsalltags
BC3, Hedonisten
Die Spaß-orientierte untere Mittelschicht: Verweigerung von
Konventionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesellschaft.
junge und mittlere Altersgruppe bis 50 Jahre
Schwerpunkt unter 30 Jahren
einfache bis mittlere Formalbildung
relativ oft ohne abgeschlossene Berufsausbildung
einfache Angestellte und Arbeiter
hoher Anteil an Schülern und Auszubildenden
Haushaltsnettoeinkommen meist im mittleren Bereich
aktive Phasen werden von energetischen Pausen unterbrochen
Ablenkung von Sorgen mit Hilfe exzessiver Freizeitgestaltung
Ablehnung von Lebens- und Zukunftsplanung
Faszination für Reizüberflutung: Schnelle Autos, Motorräder, Szenen
Anschluss an Fangemeinden und intensive Eventkultur
Unterhaltung durch Fernsehen, Kino, Sport und Kneipenbesuche
Lebenshunger und Unbekümmertheit
optimistische und spontane Konsumeinstellung
hohe Nutzung medialer Angebotsstrukturen zur Unterhaltung
C2, Experimentalisten
Die extrem individualistische neue Bohème: Ungehinderte Spontaneität,
Selbstverständnis als Lifestyle-Avantgarde, Toleranz und O?enheit.
Altersschwerpunkt unter 35 Jahren
gehobene Bildungsabschlüsse
mittlere Angestellte, kleine Selbstständige oder Freiberufler
hoher Anteil an Auszubildenden, Schülern und Studenten
dementsprechend häufig ohne eigenes Einkommen
Haushaltsnettoeinkommen dennoch über dem Durchschnitt
gut situierter Elternhäuser
intensive Lebenserfahrungen
Ausstiegs- oder Abwanderungserwägungen
nonkonformistischer Lebensstil, lieben Provokationen
Abwendung von herkömmlichem sozialen und polit. Engagement
demonstrative Ablehnung aktueller Trends, Lebensstil-Opposition
Erfolg, Status und Karriere stehen nicht im Fokus
Optimismus und Kreativität führen zur Erprobung von Neuem
interessiert am Musik, Kunst, Kultur, Filme, Bücher und Kulturen
spontaner und preissensibler Konsumstil
unzufrieden über zeitweise mangelhafte finanzielle Mittel
Nutzung neuer Medien zur vielfältigen Kommunikation
C12, Moderne Performer
Die junge, unkonventionelle Leistungselite: Intensives Leben – beruflich und privat, Multi-Optionalität, Flexibilität und Ehrgeiz.
jüngstes Milieu mit Altersschwerpunkt unter 30 Jahren
oftmals noch Schüler und Studenten
hohes Bildungsniveau
hoher Anteil an Selbstständigen und Freiberufler
oft leitenden Angestellten mit gehobenem Einkommen
Erprobung beruflicher und privater Leistungsgrenzen
dynamischstes, vitalstes und optimistischstes Milieu
es zählt das »eigene Ding«
Verbindung von materiellem Erfolg und lustvollem Leben
überdurchschnittlich ausgeprägte Mobilität und Flexibilität
Normen werden für die eigenen Bedürfnisse dekliniert
Experimente mit verschiedenen Lebensstilen und Einflüsse
andere Kulturen und Szenen geben Rahmen für Abwechslung
kritischer Konsum, fernab von Pseudoinnovationen
äußerst anspruchsvoller Umgang mit Technologien